Verlag Morascha

Gibt es eigentlich eine jüdische Fasnacht?

Karneval, Fasching, Fasnacht – gibt es so eine närrische Zeit auch im Judentum? Ja, die gibt es! Purim, die jüdische Fasnacht, ist ein Fest, das auf den 14. Adar fällt und der Erinnerung an die Errettung des jüdischen Volkes aus schwerer drohender Gefahr gewidmet ist. Haman, der Günstling des Perserkönigs Achaschverus, wollte damals die Juden ausrotten lassen.

Es gibt ein Volk,
zerstreut und gesondert unter den Völkern
In allen Ländern deines Reichs,
Ihre Gesetze sind verschieden von allen Völkern,
Und Gesetze des Königs erfüllen sie nicht;
Darum frommt es nicht dem, sie zu dulden.      Haman

Ein Grund zum Feiern: Purim als Sieg über den Antisemitismus

Sind die Schilderungen, die Haman vor mehr als 2000 Jahren seinem König von den Juden gemacht hat, nicht immer noch aktuell? Ja, das jüdische Volk ist immer noch gesondert. Die Juden sind auf der ganzen Welt zerstreut und doch sind sie in kleinsten Gruppen vereinigt. Sie sind in ihrer Kleinheit eine Einheit.

Wahrlich, wenn Haman heute aufstände und sehen würde, welche Bedeutung die jüdischen Grundsätze und die jüdische Moral heute spielen, er würde es nicht verstehen. Als Haman damals lebte, waren alle jüdischen Werte ein Spott und Gelächter der heidnischen Welt. Sie haben sich seitdem den Weg zum Herzen der Menschheit gebahnt und sind ihr Trost und ihre Hoffnung geworden. Der Sieg über die Perser ist ein Sieg über den Antisemitismus, über den Judenhass. Und diesen Sieg feiern wir am Purim. Es wird eine Zeit kommen, wo das, was Spott und Gelächter auslöste, als Rettung und Erlösung der Menschheit aufgehen wird. Wo die Welt erkennen wird, dass nicht in der Lehre, sondern im Gesetz das volle Heil der Menschheit bewahrt wird.

Wie wird Purim, die jüdische Fastnacht, heute gefeiert?

Purim wird auch das Los-Fest genannt. Diesen Namen verdankt der Tag dem Umstand, dass der Stichtag der Zerstörung mit dem Los, hebräisch Pur, ausgewählt worden war. Das Los fiel auf den 13. Adar und so wird am 14. Adar der Sieg gefeiert. Mordechai und Ester bestimmten, dass alljährlich mit Freudenmahlzeiten, mit gegenseitigen Geschenken und Gaben an die Armen, gefeiert werden soll. Die Kinder verkleiden sich und es herrscht eine fröhliche, ausgelassene Stimmung.

Schon Wochen vorher beginnen die Vorbereitungen und die Kinder planen, welches Kostüm sie an Purim tragen werden. Meine Tochter überlegte, ob sie sich als Königin Esther verkleiden möchte – oder doch lieber als Biene? Letztes Jahr waren wir eine ganze Gruppe von Rittern und Burgfräuleins. Die Künste der Mutter ist gefordert. Hier muss noch ein Kostüm geschneidert werden, dort braucht es eine helfende Hand um den letzten Schliff am Kostüm von Thomas, der kleinen Lokomotive, anzulegen.

Mischloach Manot: Kein jüdisches Fest ohne Essen!

Eine Liste von Gabenempfänger wird erstellt. Die Kinder erstellen ebenfalls Listen. Soll man der ganzen Nachbarschaft eine Mischloach Manot, das typische Lebensmittelgeschenk, bringen oder nur den Neuankömmlingen? In der Hektik geht leicht vergessen, wie die eigentlichen Gesetze für diese Gaben sind. Es sollen zwei zum Verzehr bereite Esswaren an eine Person überbracht werden. Doch dies ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn ich Frau Müller, die letztes Jahr ihren Mann verloren hat, eine Mischloach Manot bringe, sollte ich doch auch ihrer Nachbarin eines bringen…. Es wird eine Liste erstellt, es werden Namen hinzugefügt und wieder gestrichen.

Geschenke, Kostüme und viel Spaß: das Purim-Fest

Und dann ist der grosse Tag da! Wie alle Feiertage im Judentum beginnt auch dieser bereits am Vorabend. Am Abend und ebenfalls am kommenden Morgen wird in der Synagoge die Ester Geschichte gelesen. Die Kinder präsentieren ihre neuen Kostüme und Verkleidungen. Es herrscht eine freudige Stimmung und die Synagogenbesucher begrüssen sich mit fröhlichen Worten. Der Gottesdienst beginnt und die Thorarolle wird vorgelesen. Müde, erschöpft und fröhlich kehren wir vom Gottesdienst am Abend nach Hause. Wir sinken ins Bett und stärken uns für den kommenden anstrengenden Tag.

Am nächsten Morgen geht’s wieder in die Synagoge. Anschliessend an das Morgengebet wird die Esther Geschichte wieder gelesen. Und dann ab auf die Piste! Die Kinder sind verkleidet, die Mischloach Manot sind bereit, die Gästeliste für die am Nachmittag stattfindende Festmahlzeit ist erstellt. Und nun werden die Geschenke verteilt. Man gibt Almosen für die Armen und feiert ausgelassen auf den Strassen. Überall in der Stadt sieht man verkleidete Kinder und Erwachsene, die sich ein fröhliches Purim wünschen. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung und es wird gelacht, getanzt, gefeiert, getrunken und gegessen. Nach der feierlichen Mahlzeit sinken alle erschöpft und müde, aber glücklich ins Bett. Ja wir haben über den Antisemitismus, den Hass der Völker gesiegt! Am Israel chai. Das jüdische Volk lebt!

Wenn Sie mehr zum Thema Purim erfahren möchten, dann empfehlen wir Ihnen die folgenden Bücher aus dem Verlag Morascha:

Rabbiner Samson Raphael Hirsch, Im Kreis des Jahres

Yaffa Ganz, Chanukka, Purim, Tischa Beaw mit Beni, Bina und der Taube Chaggai